Dieser Beitrag ist als Tipp aus der ArztSein Instagram Community entstanden. Eine eurer Nachrichten hat mich erreicht mit dem Hinweis, dass die Wahl der “richtigen” Fachrichtung als Arzt bzw. Ärztin häufig Kopfzerbrechen verursacht. Dabei ist meiner Meinung nach nur eine Frage wirklich essentiell. Was das für eine Frage ist, erfährst du in diesem Beitrag – legen wir also mal los!
Die richtige Fachrichtung für Ärzt:innen
- Wie ich die Frage nach der richtigen Fachrichtung als Arzt bzw. Ärztin angegangen bin
- Wieso die Frage nach der richtigen Fachrichtung als Arzt bzw. Ärztin so schwierig ist
- Was ist die wirklich wichtige und richtige Frage bei der Wahl der Fachrichtung als Arzt bzw. Ärztin?
- Auf den Punkt: Was solltest du dich bei der Wahl der richtigen Fachrichtung als Arzt bzw. Ärztin fragen?
Wie ich die Frage nach der richtigen Fachrichtung als Arzt bzw. Ärztin angegangen bin
Tatsächlich kann ich selbst bei diesem Thema gar nicht viel mitreden, denn für mich war ab Anatomie II im zweiten Semester klar, dass ich Gynäkologin werden möchte – einfach, weil mich die Anatomie im kleinen Becken von Uterus, Tube und Adnexen (und im Verlauf alles Weitere, was ich gelernt habe) so begeistert hat.
Im PJ kamen mir das erste Mal richtige Zweifel an meiner Berufswahl, weil es mir da erst langsam dämmerte, worauf ich mich nach all den Jahren des Studiums und Promotion eingelassen hatte.
Ich habe dabei sowohl mein Wunschfach Gynäkologie und Geburtshilfe hinterfragt – denn die Dienstbelastung ist hoch – als auch meine Berufswahl.
Zugegeben: Mir wurde schon bei meinem ersten Praktikum vor dem Studium von einem Assistenzarzt – große Ringe unter den Augen, ständig am Rennen – bereits eindringlich vom Medizinwunsch abgeraten. Es sei schlicht zu viel Arbeit. Das war 2008. Seitdem ist nicht viel passiert – darauf hatte ich nämlich gepokert.
Und so stand ich mitten im PJ, habe die ein oder andere Kollegin im Kreißsaal sitzend gesehen – mit Tränen in den Augen, müde, erschöpft, dem harschen Ton ausgesetzt und ständig die Wochenenden in der Klinik verbringend. Ihr wisst, wovon ich spreche.
Und da kam mir auch die Frage auf: Möchte ich das wirklich? Was will ich eigentlich? Ich könnte auch Radiologie machen und hätte dann eher gute Chancen eine Ausbildung zur Yoga-Lehrerin zu machen.
Am Ende habe ich mir Folgendes gesagt:
Das zu machen, wofür ich brenne – Gyn-Onko – das würde ich nicht einfach so aufgeben wollen. Ich musste es einfach versuchen und schauen, wie mein Weg verläuft. Am Ende kann ich immer noch einen anderen Weg einschlagen. Nichts ist in Stein gemeißelt.
Und so bin ich stets weiter gegangen. Immer meinen eigenen Weg. Mit ArztSein, mit meinem Klinikwechsel und jetzt auch mit meinem Chef, der mich als junge Oberärztin direkt nach dem Facharzt mit 80% übernommen hat. Für mich ist das keine Selbstverständlichkeit und ich bin sehr dankbar, dass ich so meinen Weg gehen kann.
„Das Wichtigste ist, dass man Entscheidungen trifft. Ob die Entscheidung richtig oder falsch ist, ist zweitrangig. Du wirst Feedback erhalten, das dir hilft, Fortschritte zu machen.“
Wieso die Frage nach der richtigen Fachrichtung als Arzt bzw. Ärztin so schwierig ist
Nun ist es doch so, dass wir heute bei der Frage nach der richtigen Fachrichtung als Arzt bzw. Ärztin einiges bedenken wollen. Es gibt so viele Variablen zu bedenken und zu entscheiden.Ich habe einmal die wichtigsten Fragen für euch zusammengetragen
Wieso die Frage nach der richtigen Fachrichtung nicht so trivial ist, wurde in folgender Nachricht aus der Community gut zusammengefasst:

Tatsächlich finde ich, dass hier schon die wichtigsten Fragen mit aufgenommen wurden.
Wenn man möchte, dann lassen sich die Fragen in folgende sieben Themenbereiche sortieren:
- langfristiger beruflicher Verlauf
- Inhalt und Arbeitsfelder
- Patientenklientel/-Kontakt
- Arbeitsbelastung
- Infrastruktur
- Privatleben
- Das Essentielle
Zu diesen Bereichen habe ich o.g. Fragen ergänzt, sodass sich eine schöne Fragenliste ergibt. Du findest sie zum Download unterhalb der Podcastfolge!
Die Fragen zeigen mehrere Optionen auf, die wir bedenken wollen, wenn wir uns beruflich entscheiden. Letzten Endes ist es für mich eigentlich ein krasses Überangebot. Denn man kann nicht alles überschauen.
Allein für Gynäkologie und Geburtshilfe gibt es so viele Möglichkeiten. Tatsächlich erklärt ein Kollege deshalb jeder Person, dass Gyn und Geburtshilfe das beste Fach schlechthin sei, denn man müsse sich weiterhin für nichts entscheiden: Klinik, OP (ambulant, stationär), Praxis, Spezialsprechstunde (Senologie, Onkologie, Pränataldiagnostik, Reproduktionsmedizin, ….), Forschung – all das steht weiterhin zur Auswahl, sodass man eigentlich gar nichts entschieden hat.

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Was ist die wirklich wichtige und richtige Frage bei der Wahl der Fachrichtung als Arzt bzw. Ärztin?
Doch sind wir mal ganz ehrlich mit uns. Diese Fragen sind nicht die wirklich Wichtigen und Richtigen.
Wichtig ist meiner Meinung nach die Frage: Wie möchte ich leben? Und auch:
- Was ist mir wirklich wichtig?
- Wofür brenne ich?
- Möchte ich eine Familie gründen?
- Wie möchte ich meine Zeit verbringen?
- Was gibt mir Sinn?
- Möchte ich meinen Wert der Gesellschaft bei steuern, indem ich Karriere mache, Forschung betreibe oder indem ich eine Familie gründe?
Zu genau diesen Fragen passen übrigens folgende Podcastfolgen ganz wunderbar:
- Folge 3: Wie finde ich meine innere Motivation beim ArztSein?
- Folge 16: Resilienz stärken durch bessere Fokussierung
- Folge 43: Wann werden wir Ärzte und Ärztinnen zufrieden und glücklich sein
An der Stelle mich bitte nicht falsch verstehen:Es geht nicht um entweder oder! Sondern darum, sich bewusst zu machen, was man möchte und wie! Wenn ich Familie und Karriere möchte, dann werde ich meinen Weg entsprechend planen müssen.
Worauf möchte ich also hinaus: Es ist essentiell zu wissen, wohin der Weg führen soll. Folglich ist nicht die Wahl des Weges entscheidend, sondern das Ziel – denn viele Wege führen nach Rom.
„Konzentriere Dich auf Deine Ziele, nicht auf Deine Angst“
Ich hätte vor zwei Jahren nie gedacht, dass ich junge Oberärztin in Teilzeit ohne Kinder bei meinem Chef sein würde und doch hat mein Weg genau dahin geführt. Mein Ziel ist seit Jahren eine reduzierte Stelle als Oberärztin gewesen. Mein Weg dahin war steinig und führte über eine ungeplante Auszeit (mehr dazu findest du in diesem Beitrag) und doch ist alles aufgegangen.
Tatsächlich wage ich auch folgende Behauptung: Wenn diese Fragen für dich geklärt sind, dann ist dir die Fachrichtung beinahe egal. Denn schließlich weißt du, was dir wirklich ist und wie du deinen Beitrag leistest, der dir Sinn gibt. Ich denke wirklich, dass wir mit unserer ärztlichen Tätigkeit in ziemlich jedem Fachbereich Zufriedenheit finden können, wenn die Rahmenbedingungen stimmen.
Auf den Punkt: Was solltest du dich bei der Wahl der richtigen Fachrichtung als Arzt bzw. Ärztin fragen?
Frage dich also das Essentielle: Was ist mir wirklich wichtig in meinem Leben und wie möchte ich mein Leben leben? Was möchte ich in 10, 20, 40 Jahren erlebt haben und welche Rolle soll mein ArztSein dabei spielen?
John Strelecky würde sagen: Ist heute ein guter Museumstag?
Denn er läuft gerne in Gedanken durch das Museum seines Lebens, das ausgeschmückt ist mit den Momenten, Bildern, Gefühlen, die er erlebt hat. Was möchtest du in deinem Museum sehen?
Frage dich morgens also: Ist heute ein guter Museumstag?

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Zur Lebensplanung und Zeit im ärztlichen Alltag kann ich euch übrigens wärmstens die Podcastfolge mit Prof. Alexander Ghanem empfehlen. Schaut hier vorbei und hört sie direkt an!
Damit wünsche ich euch ganz viel Erfolg und Freude bei der Wahl eurer Fachrichtung. Schreibt mir gern eure Erfahrungen – wenn ihr Ergänzungen zum Thema habt bei Instagram oder per Mail an nicole@arztsein.com – ich freue mich auf den Austausch mit euch!
Eure Nicole